Am 01.06. organisierten wir, das selbstverwaltete Zentrum SubstAnZ, eine Tanz-Demo gegen unsere Verdrängung an der Frankenstraße. Im Nachgang wird der Anmelder unserer Demonstration nun mit ziemlich absurden Repressionen überzogen. Ihm werden Beleidigung und allerlei Ordnungswidrigkeiten vorgeworfen.
Was war passiert?
Wir sammelten uns damals am anliegenden Parkplatz des alten Briefverteilzentrums an der Frankenstraße. Vor Beginn der Demonstration sprachen sich, wie üblich, Anmelder und Einsatzleiter kurz ab. Der Einsatzleiter bestand darauf, dass das Einsatzleitfahrzeug der Polizei nicht mehr als 10m Abstand zum Lautsprecherwagen unserer Demo haben dürfe und dass er die einspurige Frankenstraße nicht für den Gegenverkehr absperren lässt. Unser Anmelder verwies darauf, dass erstere Auflage nicht nur sinnlos, sondern auch überhaupt nicht in unserer Hand liegt – wie weit das Polizeifahrzeug vorausfährt liegt in der Hand der Polizei, nicht in unserer. Dass die Polizei den Gegenverkehr fließen lassen wollte, wurde von Anfang an kritisiert, alleine schon weil es gefährlich für Demo-Teilnehmer*innen ist, aber auch weil es gerade beim Aufstellen einer Demo kaum umsetzbar ist, nicht beide Fahrstreifen zu blockieren. Ab diesem Zeitpunkt verhielt sich der Einsatzleiter cholerisch und eskalativ.
Als sich die Demonstration dann in Bewegung setzte, pennte der Polizist im Einsatzleitfahrzeug offensichtlich und schaffte es nicht, sich vor den Lautsprecherwagen zu setzen. Er versuchte, das Fahrzeug durch die Demo zu lavieren, die Demonstrant*innen sahen das Fahrzeug nicht weil es von hinten kam. Der Anmelder rief daraufhin zur Spitze der Demo „lasst die Gurke mal vorbei“, damit die Demo Platz für das Fahrzeug macht. Dieser Satz war allen Ernstes Anlass für den Einsatzleiter, eine Strafanzeige wegen Beleidigung zu stellen. Dass der Ausdruck „Gurke“ auf das Fahrzeug der Polizei bezogen war, spielte für ihn keine Rolle. Alleine dafür soll unser Anmelder nun 600€ zahlen. Diese angebliche Beleidigung wird am 03.12.2024 vor dem Amtsgericht Osnabrück verhandelt.
Auf diesem Niveau setzte sich dann das Verhalten des Einsatzleiters fort. Als die Demonstration auf den zweispurigen Ring abbog, wollte er die Demonstration dazu zwingen, lediglich auf einer Spur zu laufen Er wollte also nicht bloß Gegenverkehr, sondern auch Verkehr – inklusive schwerer LKW – von hinten zulassen. Spätestens das ist für alle Teilnehmer*innen gefährlich und nicht hinnehmbar. An dieser Stelle sei außerdem erwähnt, dass die Osnabrücker „Querdenker*innen“ mit 50 Teilnehmer*innen ein Jahr lang den gesamten Ring ablaufen konnten wie sie wollten.
Da mit dem Einsatzleiter nicht zu reden war, teilte unser Anmelder den ebenfalls anwesenden Staatsschutzbeamt*innen mit, was ihr Kollege durchsetzen möchte. Der Staatsschutz intervenierte daraufhin tatsächlich und überzeugte den Einsatzleiter, die Demonstration zweispurig auf dem Ring laufen zu lassen, und dieser gab explizit sein, wenn auch schlecht gelauntes, „okay“ dazu.
Als die Demonstration vom Ring wieder abbog, hatte er das offensichtlich vergessen, stürmte auf den Anmelder zu und sagte in aggressivem Ton, dass das zweispurige Laufen ein Nachspiel haben werde. Sowohl das kurze „Blockieren“ in der Frankenstraße als auch das Nutzen beider Spuren auf dem Ring resultieren nun also in einem weiteren Verfahren gegen den Anmelder der Demo.
Als die Demonstration auf dem Theaterplatz ankam, gab es technische Probleme bei unserer Anlage. Um diese kurz zu beheben, hielten wir auf dem Theaterplatz an. Unser Anmelder informierte den Einsatzleiter, dass die Demonstration kurz anhalten muss und der Theaterplatz gut geeignet ist, weil dort kein Verkehr fließt. Dies wollte der Einsatzleiter aber nicht einsehen, kam erneut aggressiv auf den Anmelder zu und sagte, dass die Hundertschaft nun dazugezogen werde, und sollte die Demo erneut anhalten, diese aufgelöst werde. Nach dieser Drohung setzte die Demo ihren Weg zum AStA fort, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Eine halbe Stunde vor Demo-Ende zog die Polizei überraschend sämtliche Kräfte ab. So weit, so absurd.
Im Nachgang setzte der Einsatzleiter aber nun dem Ganzen noch die Krone auf: Neben der schon erwähnten Beleidigung und der vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit, meint der Einsatzleiter nun, dass die Ordner*innen betrunken gewesen sein sollen. Dieser Vorwurf ist eine klare Lüge, keiner unser Ordner*innen war alkoholisiert und während der gesamten Demo wurde dies von Seiten der Polizei auch nicht angesprochen. Darüber hinaus ist der Einsatzleiter nun der Ansicht, unser Lautsprecherwagen sei unerlaubterweise durch eine Fußgängerzone gefahren. Nicht nur dass der Wagen angemeldet war, es ist logisch und rechtlich vollkommen klar, dass eine Demonstration sich eben nicht an die Straßenverkehrsordnung halten muss. Unabhängig davon entfernte die Polizei, wie vorher abgesprochen, die Poller in der Fußgängerzone, ansonsten hätte unser Wagen wohl gar nicht dort lang fahren können. Es stellt sich für uns außerdem die Frage wie der Einsatzleiter darauf bestehen konnte, dass der Lautsprecherwagen nicht weiter als 10m Abstand zum Polizeifahrzeug haben dürfe, ihm aber gleichzeitig nicht durch eine Fußgängerzone folgen sollte.
Dieses Verhalten und die massive Repression durch die Polizei bzw. des Einsatzleiters ist als gefährliche Einschränkung der Versammlungsfreiheit anzusehen. Wir als SubstAnZ werden derartige Schikanen nicht hinnehmen.
Wir rufen alle Unterstützer*innen dazu auf: Kommt zu den Gerichtsverhandlungen.
Die erste, in der die angebliche Beleidigung als „Gurke“ verhandelt wird, findet am 03.12.2024 am Amtsgericht Osnabrück statt. Wir treffen uns um 8:30 Uhr vorm Gebäude.