Pressespiegel

Auf dieser Seite möchten wir Presseberichte über uns sammeln und veröffentlichen


NOZ vom 1.3.2024 von Ralf Döring
„Wir werden verdrängt“
Reicht ein autonomes Zentrum? Vertreter von „Substanz“ üben Kritik nach Plänen für „Die Botschaft“

Die Botschaft“ kommt, das autonome Zentrum „Substanz“ muss gehen. Einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen gibt es nicht; trotzdem formulieren Vertreter des „Substanz“ Kritik – nicht an der Agentur Zukunftsmusik, die den Umbau des ehemaligen Postgebäudes durchführt und „Die Botschaft“ betreiben wird. Die Kritik richtet sich vielmehr gegen die WLH Immobiliengesellschaft. Ihr gehört das Areal zwischen Damm- und Frankenstraße und damit auch das Gebäude, in dem das „Substanz“ seit 2010 residiert.
Im September 2024 muss das „Substanz“ ausziehen. Dabei betont WLH-Gesellschafter Martin Wüst, das autonome Zentrum habe es „mir zu verdanken, dass es noch drin bleiben durfte“, sagt er. „Es ist wichtig, dass die Stadt so einen alternativen Treffpunkt hat, nachdem Subkultur ja zwischenzeitlich gezielt vom Güterbahnhof vertrieben worden ist“, hatte Wüst dieser Redaktion im Januar 2016 gesagt. Eine Verlängerung hatte Wüst mit dem zuletzt abgeschlossenen Mietvertrag ausgeschlossen. Vor anderthalb Jahren hat Wüst nach seinen Worten die Nichtverlängerung erneut ausgesprochen; „ich habe klar kommuniziert“, sagt er.
Das bestreiten Vertreter des „Substanz“ auch gar nicht. Trotzdem fühlen sie sich aus dem Areal gedrängt, und zwar, „weil wir einer kommerziellen Nutzung im Weg sind“, sagen sie. „Wir haben das Areal mitentwickelt, und jetzt braucht man uns nicht mehr.“
Damit spielen die „Substanz“-Vertreter auf die einigermaßen lange Geschichte des Zentrums in der Frankenstraße an: 2010 sind die Autonomen dort eingezogen, lange bevor die WLH das gesamte Areal erworben hat. „Wir haben das ,Substanz‘ mitgekauft“, sagt Wüst.

Büros oder Parkhaus statt „Substanz“
Mittlerweile hat Wüst andere Pläne für das Haus. Welche das sind, will er noch nicht sagen – das hänge unter anderem vom Zustand des Gebäudes ab. Das nährt Spekulationen: Laut einem „Substanz“-Vertreter spricht „der Buschfunk“ von einem möglichen Bürogebäude oder einer wie auch immer gearteten kulturellen Nachnutzung.
Außerdem kursieren Gerüchte über ein Parkhaus – etwa für die Besucher der „Botschaft“? 200 Parkplätze anstatt autonomer Soziokultur: Das wäre für die Betreiber des „Substanz“ eine zutiefst bittere Pointe.
Denn die Betreiber des Hauses verfolgen und verwirklichen hehre Ziele: Asylsuchende, Obdachlose und homo- und transsexuellen Menschen begegnen und vernetzen sich im „Substanz“ und das ohne Konsumzwang. Im Gegenteil: Regelmäßig wird dort gekocht, um Bedürftige mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen. Zu diesem sozialen Aspekt kommt der kulturelle: Das „Substanz“ bietet neuen Bands Auftrittsmöglichkeiten und den Besuchern den kostengünstigen Besuch der Konzerte.
Damit trägt das „Substanz“ zur kulturellen Vielfalt der Stadt bei und erfüllt soziale Aufgaben. Und das bemerkt nicht nur die Stadt: Erst vergangenen Herbst hat Kulturstaatsministerin Claudia Roth den Preis für die „Beste kleine Spielstätte“ überreicht – wieder einmal – sowie den Awareness-Preis, der für besonderes Engagement gegen Diskriminierung und Gewalt, vor allem auch sexualisierte Gewalt, verliehen wird.
Die Frankenstraße ist für all das ideal: Obwohl zentrumsnah stört sich in dem Gewerbegebiet niemand, wenn es nachts mal laut zugeht. Verständlich, dass das Substanz diese Quadratur des Kreises auch für die neue Wirkungsstätte sucht. Doch genau das macht die Suche schwierig.

Zukunftsmusik als Betreiber sei Nutznießerin
Und das alles wegen der „Botschaft“? Verantwortlich machen die Vertreterinnen des Autonomen Zentrums deren Betreiberin, die Agentur Zukunftsmusik, dafür nicht. „Aber Zukunftsmusik ist Nutznießerin der Entscheidung von Martin Wüst“, heißt es.
Was hatte der einst gesagt? „Es ist wichtig, dass die Stadt so einen alternativen Treffpunkt hat.“ Der Satz stimmt immer noch. Aber Wüst setzt seine Prioritäten jetzt eben anders.


NOZ online vom 7.12.2023 von Sandra Dorn

Am Dienstag (5.12.) hat der Osnabrücker Rat mit den Stimmen von Grünen, SPD, Volt und Linken beschlossen, dem Autonomen Zentrum „Substanz“ auch 2024 einen finanziellen Zuschuss zu gewähren. Die Entscheidung ist umstritten. Wer trifft sich dort eigentlich? Was findet dort statt? Wir haben uns umgesehen.

Um das soziokulturelle Zentrum in der Frankenstraße 25a hat sich eine heftige Debatte entzündet, seit der Trägerverein die Stadt Anfang des Jahres um Hilfe bat und der Rat im April beschloss, ihm mit 12.800 Euro als Betriebskostenzuschuss unter die Arme zu greifen. 

Die komplett ehrenamtlich betriebene Einrichtung steckt seit der Corona-Zeit finanziell in der Klemme und muss noch dazu bis September 2024 das Gebäude an der Frankenstraße verlassen, da der Eigentümer neue Pläne mit dem Gelände hat.

Die Stadt um Hilfe zu bitten, sei dem Trägerverein nicht leichtgefallen, wie er damals in seinem Förderantrag an die Stadt schrieb. Autonomie und Unterstützung mit öffentlichen Mitteln? Das passt nur schwer zusammen. Dass das Substanz über seinen Schatten sprang, zeigt, wie groß die Not gewesen sein muss.

Wie links ist das Substanz Osnabrück?

Nun hat der Osnabrücker Rat für 2024 erneut 11.200 Euro für das Substanz bewilligt – gegen die Stimmen von CDU, BOB, FDP und UWG.

Zuletzt hat die AfD behauptet, die Stadt unterstütze mit dem Zuschuss fürs Substanz den Nährboden eines teilweise „terroristischen linken Netzwerks“ in Osnabrück.

Doch die Osnabrücker Polizeiinspektion bestätigte auf NOZ-Anfrage keinen vom Substanz ausgehenden Linksextremismus. Eine solche Szene, die politisch motivierte Straftaten plane und verübe, sei in der Region nicht bekannt, hieß es.

Die Stadtverwaltung hatte sich Anfang des Jahres selbst für die finanzielle Unterstützung ausgesprochen, unter anderem mit dem Argument, dass im Substanz eine Demokratiebildung stattfinde.

Darum bleiben Mitglieder des Substanz-Trägervereins anonym

Wir treffen uns mit zwei Mitgliedern des Trägervereins „Freundeskreis für ein selbstverwaltetes Zentrum, Bildung und Kultur“, kurz „FrAZ“. Ihre vollständigen Namen sind der Redaktion bekannt, aber sie möchten hier anonym bleiben und nennen sich Lou und Felix. Sie sind Anfang 20 und Ende 30.

Aber warum anonym? Tatsächlich müssen sich die Substanz-Aktiven die Frage gefallen lassen, ob sie etwas zu verbergen haben. Die Anonymität diene dem Selbstschutz, erklären Lou und Felix. Schon öfters seien Scheiben des Substanz eingeschlagen worden. Und nach den AfD-Vorwürfen seien von einem Auto aus Eier auf Menschen geworfen worden, die gerade das Gebäude verließen.

Sie würden selbst den Zwiespalt zwischen diesem Selbstschutz und der Gefahr sehen, in die extremistische Ecke gesteckt zu werden, räumen sie ein. „Aber wir halten es einfach für klug, möglichst anonym zu bleiben“, so Felix.

Das findet im Osnabrücker Substanz statt

Seit 15 Jahren hat das Substanz seinen Sitz in der Frankenstraße. Herzstück ist der Veranstaltungsraum: Bühnenecke, Bar, genderneutrale Toiletten und je nach Nutzung Biertischgarnituren oder Platz zum Tanzen.

Diverse Gruppen nutzen das soziokulturelle Zentrum als Treffpunkt und organisieren in Eigenverantwortung Lesekreise, Vorträge, Konzerte oder Lesungen. Täglich finde dort etwas statt, so Felix. Das Substanz stelle die Räumlichkeiten und gebe als Regel vor, dass Menschenfeindlichkeit nicht geduldet werde. Der Rest ist den Gruppen überlassen.

Über Fridays for Future zum Substanz Osnabrück gekommen

Lou ist vor einigen Jahren über Fridays for Future zum Substanz gekommen und hat dort beispielsweise Techno-Partys organisiert. Auch studentische Gruppen nutzen das Substanz für ihre Partys. Die Teilnehmerzahl reicht nach Angaben von Lou und Felix von fünf Personen bei einzelnen Lesekreisen bis hin zu mehr als 300 bei einigen Konzerten – die meisten in der Altersspanne zwischen 20 und 40 Jahren.

Harter Alkohol wird nicht ausgeschenkt. „Wir wollen nicht, dass sich die Leute hier abschießen“, sagt Lou. Die Flasche Bier und Malzbier gibt es schon für 1,50 Euro, der Eintritt ist bei 5 Euro gedeckelt. „Studierende und Ärmere sollen sich das leisten können“, erläutert die Studentin.

Bundeskulturpreis „Applaus“ 2023 gewonnen

Kürzlich erst hat das Substanz den Bundeskulturpreis „Applaus“ in den Kategorien „Beste kleine Spielstätten und Konzertreihen“ sowie „Awareness“ gewonnen. „Awareness“ bezeichnet die Aufmerksamkeit für Situationen, in denen die Grenzen überschritten werden. Bei jeder größeren Veranstaltung tragen einige Leute gelbe Buttons an der Kleidung und können von jedem, der sich unwohl fühlt, angesprochen werden, erläutert Lou. „Man soll hier angstfrei feiern können“, so Felix.

Noch keine neuen Räume in Osnabrück gefunden

Die Suche nach einer neuen Bleibe war bislang nicht erfolgreich. Zentral soll sie sein – und gleichzeitig so gelegen, dass keine Anwohner gestört werden, wenn es einmal lauter ist. „Im Sommer sitzen einfach viele Leute draußen im Hof und sind laut“, sagt Felix.

Am liebsten würden sie ein Gebäude kaufen. Im Umfeld des Trägervereins gebe es genügend Leute, die einen zinslosen Kredit gewähren würden, so Felix. Auch Objekte zur Miete hätten sie sich schon angesehen, doch bislang sei nichts Passendes dabei gewesen.

Diese Gruppen treffen sich im Osnabrücker Substanz

Lou und Felix zählen auf, wer sich unter den rund 20 Gruppen befindet, die sich regelmäßig im Substanz treffen: Unter anderem die Flüchtlingsinitiative „No Lager“, die zuletzt wegen Rassismus-Vorwürfen gegen die Osnabrücker Ausländerbehörde in der Kritik stand. Außerdem feministische Gruppen, eine Gruppe, die sich mit toxischer Männlichkeit auseinandersetzt, „libertäre Kommunist*innen“ und antifaschistische Gruppen – übrigens auch die „antifaschistische Mitmach-Kampagne“, die den Protest gegen eine Stehtisch-Aktion der AfD am Harmannsbrunnen organisierte. 

Von den Gegnern des Substanz werde „gar nicht verstanden, dass hier kulturelle Arbeit geleitet wird und wir gegen diese Menschenfeindlichkeit angehen“, betont Lou und meint damit das Agieren der AfD.

Kochen für Menschen mit wenig Geld

Darüber hinaus gibt es einen veganen Mitbring-Treff, und wöchentlich bietet ein Koch-Kollektiv kostenloses „Essen für Alle“ an. Außerdem gebe es regelmäßig eine „Queer-Kneipe“ und eine Kleidertausch-Ecke. Die Wände im Innenhof dürfen ganz legal von Sprayern genutzt werden.

Einmal pro Woche trifft sich das „Plenum“ und spricht dann beispielsweise über Anfragen von Gruppen – hat aber auch nach Felix‘ Auskunft sehr lange und intensiv darüber diskutiert, ob man als autonomes Zentrum denn tatsächlich die Stadt um Hilfe bitten könne.

Alle Wände bemalt

Auf einer Niedersachsen-Flagge im Bühnen-Bereich hat jemand aus dem Pferd im Wappen ein Einhorn gemacht und in Glitzerschrift geschrieben: „Einhörner gegen Nazis“. Die Wände im Eingangsbereich und im Treppenhaus sind voller Bilder und mit Edding aufgetragenen Schriftzügen – darunter häufig das Anarchie-Zeichen und die sich gegen die Polizei richtende Abkürzung „ACAB“ („All Cops are Bastards“), aber ebenso das Statement „My Body – my rules“, frei übersetzt „Mein Körper gehört mir“.
„Auch die Wände sind ein Freiraum“, sagt Lou. Vieles würde rasch wieder übermalt. Auch hier gelte die Regel, betont Felix: „Menschenfeindliche Äußerungen wollen wir nicht.“


von Harf-Peter Schönherr (11.11.2023)
https://taz.de/Ehrung-fuer-autonomes-Zentrum/!5970428/

Preisgekrönte Linke
Das Osnabrücker Soziokultur-Zentrum „SubstAnZ“ ist Preisträger des Applaus-Awards 2023. Die schlechte Nachricht: Das Projekt ist gefährdet.

OSNABRÜCK taz | Wenn Bundeskulturpreise vergeben werden, stehen nichtkommerzielle, selbstverwaltete Soziokultur-Zentren wie das Osnabrücker Substanz nicht oft auf der Bühne. Aber manchmal eben doch. Als Claudia Roth (Die Grünen), Beauftragte der Bundesregierung für Kultur, Ende Oktober in Hannover die Preisträger des Applaus-Awards 2023 bekannt gibt, wird das Substanz gleich zweifach geehrt: in der Hauptkategorie „Beste kleine Spielstätten und Konzertreihen“ und durch den Sonderpreis „Awareness“.

Der „Awareness“-Preis ist dabei der wichtigere, denn in den Hauptkategorien von „Applaus“ werden jedes Jahr Dutzende Preise vergeben – über 90 sind es diesmal. 18.000 Euro spülen die beiden Preise dem ­Substanz aufs Konto – deutlich mehr, als die Stadt Osnabrück ihm pro Jahr an Zuschuss zahlt. Geld, das es gut gebrauchen kann, denn im Herbst 2024 läuft sein Mietvertrag aus, und ein neues Objekt ist nicht in Sicht. Ideal wäre eine eigene Immobilie.

„Kann sein, dass es uns schon bald so nicht mehr gibt“, sagt Chris der taz. Das klingt düster. Die kämpferische, quadratmetergroße Botschaft „Squat The World“ direkt neben der Bühne, eine ironische Piraten-Adaption des Dreimasters des Hansa-Bier-Etiketts, käme dann auch weg.

Chris, Substanz-Aktivist der ersten Stunde, ist Roth in Hannover begegnet. „Wir waren überrascht und erfreut!“, sagt er über die Auszeichnung. Er weiß: Nicht alle SubstanzlerInnen sehen das so positiv. Sprüche wie „Deutschland du mieses Stück Spargel“ stehen hier an den Wänden.

Das Zentrum, rund 700 Quadratmeter groß, existiert seit 2009, getragen durch den gemeinnützigen Verein „Freundeskreis für ein selbstverwaltetes Zentrum, Bildung und Kultur“. Aber seine Geschichte reicht bis 1972 zurück. Damals besetzen Jugendliche nach einem Konzert, auf dem auch „Ton Steine Scherben“ spielen, ein leer stehendes Haus. Ein jahrzehntelanger Kampf um ein autonomes Zentrum beginnt, der Demos, Solikonzerte und Gerichtsprozesse nach sich zieht, auch weitere Besetzungen, Osnabrücks Ratssitzungssaal inklusive.

Ein Ort mit Geschichte

Dass das Substanz aus seinem Haus am Güterbahnhof ausziehen muss, ist ein unersetzlicher Verlust, denn es ist ein Ort mit Geschichte, ein Gesamtkunstwerk. Schwarztöne dominieren; das Erdgeschoss um Theke, Bühne, Kickertisch und Sofaecke hat heimeligen Höhlencharakter. Die Fenster sind beklebt, übermalt. Überall Sticker und Plakate, dicht an dicht.

Viele Nutzer haben hier Spuren hinterlassen. „Support your local girlgang not Polizeistaat“ steht auf einem Stück Pappkarton. Auf einer Treppenstufe steht „Alles für alle“. Das Antifa-Logo ist zu sehen, in Glitzergold. Auf Wänden stehen Sachen wie „No border, no nation“ und „Steine für die Schweine“, der Feminismus-Schlachtruf „Your body your choice, raise your voice“. Manches ist augenzwinkernd, vieles tiefernst. Es gibt Grenzen dafür, aber die sind weit.

Ein großes Regenbogen-Mural verkündet Passanten: „The 1st pride was a riot“. Vor zwei Fenstern flattert ein schwarzes Banner: „Wer gegen die Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat überhaupt nicht verlassen“. Im Hof gibt es eine Open Wall – jeder kann hier sprayen. Die Regeln dafür stehen an einem Rolltor. „Auf dem war so viel Farbe drauf, das ließ sich schon gar nicht mehr öffnen“, lacht Substanz-Aktivistin Lu der taz. „Das mussten wir dann alles runterkratzen.“

Und dann erzählen Lu und Chris. Dass hier alles ehrenamtlich ist. Dass das günstigste Getränk 50 Cent kostet. Dass sich hier 20 Gruppen treffen, von queer bis migrantisch. Dass zu den Plena bis zu 40 Leute kommen. Dass hier jeden Donnerstag „Essen für Alle“ ist, Motto: „Gegen die kalten Verhältnisse, für das schöne Leben für alle“. Und dass hier niemand besondere Rechte hat, auch der Trägerverein nicht: über Bands, die gegen Kost und Logis auftreten. Über Vorträge und Workshops; über kontroverse Diskussionen bis zum Konsens; über die Punk- und die Flinta-Kneipe, über das Antifa-Café, das vegane Mitbringtreffen.

Das Zentrum versteht sich als „Freiraum“, als Ort für gesellschaftliche Veränderung, für emanzipatorische Politik. „Wir sind sehr empowernd“, beschreibt Lu. „Man kann sich hier viel erlauben.“ Eins allerdings nicht: diskriminierendes Verhalten. „Da gibt es keine Toleranz“, sagt Chris. Das steht auch gleich am Eingang: Antisemitismus, Sexismus, Homophobie, Rassismus, Faschismus und Fremdenfeindlichkeit haben hier keine Chance.

Unübersehbar ist auch, wofür das Substanz den Awareness-Preis bekommen hat. Überall hängt das Safe-Space-Konzept aus, sogar auf den Klos. Das Awareness-Team trägt gelbe Buttons – unübersehbar in einem Raum, der schon mit 50 Personen voll wirkt. Fotos und Videos, auch Selfies, sind nicht erlaubt. Und natürlich schreibt das Substanz Awareness so: „awAreness“. Das deckt sich mit dem Herzchen auf der Theke: Drüber steht „We“, drunter „Anarchie!“

„Man kann hier sorgloser feiern als anderswo“, sagt Lu. „Aber ein diskriminierungsfreier Raum ohne übergriffiges Verhalten sind auch wir nicht.“ Kommt es zum Konflikt, hat die Sicht der Betroffenen Priorität, ihre „Definitionsmacht“.

Arbeit an einer gerechteren Welt

Hinter der Theke gibt es einen Umsonstladen, von der Kleidung bis zum Buch. In Gruppenräumen liegen halbfertige Transparente. Auf einem Treppenabsatz stapeln sich Lautsprecherboxen. Ein Einhorn in Rosa ist zu sehen, ein gewaltiger Aufblas-Orca. Im skurrilen „Grünen Salon“ hängen superkitschige Ölbilder, die noch aus der Zeit des Vorbesitzers stammen.

Das Selbstverständnis des ­Substanz, an einer gerechteren Welt zu arbeiten, ein Ort dafür zu sein, „Protest zu organisieren“, wie Chris und Lu sagen, ruft natürlich auch Gegner auf den Plan. Der Stadtverband der örtlichen AfD sieht in ihm eine Quelle für ein „terroristisches linkes Netzwerk“ und forderte jüngst seine Schließung.

Die Solidarität, die das Zentrum danach erfuhr, war groß. Mit dabei: Nicole Verlage, Geschäftsführerin der DGB-Region Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bent­heim. Sie sprach von „Hass und Hetze“, von einer „ungeheuerlichen Attacke der gefährlichen Populisten von rechts und deren Ideologie“.

Aber auch ohne die AfD könnte dem Substanz bald das Aus drohen. Trotz seines kreativen, diskriminierungssensiblen Programms. Das wäre fatal. „Gerade jetzt“, sagt Staatsministerin Roth über die Preisträger, „brauchen wir solche Orte mehr denn je.“


SOLIERKLÄRUNG DES FOKUS e.V. VOM 16.9.2023:


NOZ ONLINE VOM 13.9.2023:

Gewerkschaften positionieren sich Nach AfD-Breitseite gegen das „Substanz“: Solidarität mit Osnabrücker Linken-Zentrum

Forderungen der AfD Osnabrück, das autonome Zentrum „Substanz“ gehöre als Ort linker Gegenwehr „aus dem Bild der Friedensstadt endgültig getilgt“, empören die Gewerkschaften im DGB. Sie sprechen von einer „ungeheuerlichen Attacke der gefährlichen Populisten von rechts“.

Der Vorstand des AfD-Stadtverbands hatte dem „Substanz“ in Osnabrück öffentlich vorgeworfen, Nährboden zu sein für ein teilweise „terroristisches linkes Netzwerk“ – und deshalb die dauerhafte Schließung des soziokulturellen Zentrums verlangt. Das „Substanz“-Hausplenum bekannte sich daraufhin in einer Pressemitteilung dazu, Widerstand gegen eine „faschistische Partei“ wie die AfD zu unterstützen, indem es den Organisatoren Räume zur Verfügung stelle.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in der Region Osnabrück–Emsland–Grafschaft Bentheim springt dem „Substanz“ nun demonstrativ zur Seite. Es sei „Teil der Stadtgesellschaft“ und müsse als einer der wenigen Osnabrücker „Freiräume für ein demokratisches Gemeinwesen“ erhalten bleiben, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme.

DGB-Regionalchefin: AfD von Hass und Hetze getrieben

Allein der Ausspruch, das „Substanz“ aus dem Stadtbild „tilgen“ zu wollen, zeige die Gesinnung der AfD. Ihre Vertreter seien „von Hass und Hetze getrieben“. DGB-Regionalgeschäftsführerin Nicole Verlage: „Dagegen aufzustehen, gebietet die Vernunft derer, die diesem Land eine bessere Zukunft gönnen.“

Zum Hintergrund: Nach einem Ratsbeschluss von April bezuschusst die Stadt Osnabrück das Substanz im laufenden Jahr mit 12.800 Euro. 2024 könnten noch einmal 11.200 Euro dazukommen. Der Mietvertrag für das autonome Zentrum, das seinen Sitz seit 2009 an der Frankenstraße 25a im Stadtteil Fledder (nahe dem früheren Güterbahnhof) hat, läuft in zwölf Monaten aus. Eine neue Bleibe ist nicht in Sicht.


PRESSEMITTEILUNG DES DGB VOM 12.3.2023:

Deutscher Gewerkschaftsbund
Region Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim

Im Zuge der aktuellen Berichterstattung zu einer neuerlichen Entgleisung rechtspopulistischer Parteigänger bedarf es eine Klärung, wo Grenzen zu ziehen sind:

Erklärung

Freiräume für ein demokratisches Gemeinwesen!

Diese Stadt braucht viele Freiräume, in denen Menschen selbstbestimmt zusammenkommen, sein können. Es gibt davon zu wenige und die stehen permanent unter Druck. Dabei muss uns nicht gefallen, was dort gemacht, wie dort gefeiert wird. Allerdings tut die Vielfalt gut. Zumindest der Zivilgesellschaft in Gänze.

Dass solch eine zutiefst demokratische Grundhaltung der AfD fremd ist, zeigt ein weiteres Mal, mit wem wir es zu tun haben. Ausgrenzung und Diffamierung sind deren Geschäftsmodel. Mit Dreck schmeißen aber macht diese Welt nicht besser. Wohl aber der Erhalt, das Schaffen von Freiräumen (oder Save-Places), wo Menschen sich selbstbestimmt ausprobieren, ausleben können. Dies zu unterstützen ist die angemessene Entscheidung für die Vielfalt die demokratisch gesinnten Zivilgesellschaft in dieser Region!

Das einzige selbstbestimmte Zentrum in Osnabrück, in dem verschiedenste Gruppen ganz nach eigenen Regeln arbeiten und feiern können, ist Teil der Stadtgesellschaft. Schon der Ausspruch, die aus dem Stadtbild tilgen zu wollen, zeigt die Gesinnung. Unsere Geschichte kennt solche Haltung und Wortwahl zur Genüge.

Ausgerechnet die AfD erdreistet sich, zu bestimmen, was und wer strafrechtlich Relevantes tut, vorverurteilt auf hetzerische Weise. Gleichzeitig sind diese Leute schnell mal empört, wenn Strukturen der Gewaltenteilung ihrem Auftrag nachkommen. Selbst bietet die AfD nämlich reichlich Anlass dazu. Wofür die „Saubermänner“ der AfD in ihrer zutiefst autoritären „Ordnung“ stehen, mündet wieder einmal nur in Hetze. Man nutzt das Recht, Meinung zu äußern, um es zu missbrauchen. Mit dem Diffamieren und der Verletzung der Würde Andersdenkender. Als stünden sie über dem Recht. Deswegen gibt es diejenigen, die dem entschieden entgegentreten, Achtung zu zollen.

Die von Hass und Hetze getriebenen Leute der AfD wollen Armut bestrafen, soziale Verantwortung ausmerzen und mit Zwang und Druck Arbeitsleben bestimmen. So beschreibt sich die Programmatik dieser Leute für jene, die genauer hinsehen. Und für diejenigen, die gelegentlich auch ihre Wähler*innen sind. Dagegen aufzustehen, gebietet die Vernunft derer, die diesem Land eine bessere Zukunft gönnen.

In den Gewerkschaften und ihrem Dachverband, dem DGB, haben Rassismus, Ausgrenzung, Hass und Hetze keinen Platz. Eine bessere, eine sozialere, eine humanere Gesellschaft werden wir nur solidarisch. Miteinander und auch streitbar gestalten wir unsere vielfältige, demokratische Zivilgesellschaft. Deswegen sind wir natürliche Gegner*innen auch dieser ungeheuerlichen Attacke der gefährlichen Populisten von rechts und deren Ideologie. Deswegen wollen wir Freiräume schützen.

Nicole Verlage
DGB Region OS-EL-GrB


NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG VOM 11.9.2023:

Osnabrücker Substanz: Ja, wir fördern den organisierten Widerstand gegen die AfD

(Sebastian Stricker) Der AfD-Stadtverband wirft dem „Substanz“ in Osnabrück vor, Nährboden zu sein für ein teilweise „terroristisches linkes Netzwerk“ – und fordert die „endgültige“ Beseitigung des soziokulturellen Zentrums. Der von der Stadt bezuschusste Szenetreff sieht darin den Versuch, seine „kontinuierliche Aufklärungs- und Bildungsarbeit“ gegen rechts gezielt zu verhindern.
Eine „faschistische Partei“ wie die AfD müsse mit Widerspruch und Widerstand rechnen, heißt es in einer Stellungnahme des Substanz-Hausplenums. „Wir unterstützen und begrüßen es daher, dass sich Gruppen in unserem Haus treffen, um beides zu organisieren.“
Der AfD-Stadtverband habe die Einrichtung in einer öffentlichen Mitteilung vom 23. August als „Dreh- und Angelpunkt des organisierten Gegenprotests“ in Osnabrück ausgemacht. Wörtlich warnte der Vorstand sogar vor dem Heranwachsen einer „neuen RAF-Generation“.
Dazu veranlasst sah sich die Partei vor Ort offenbar wegen mehrerer, mutmaßlich gegen sie gerichtete Straftaten und Ordnungswidrigkeiten in den Jahren seit 2017 – unter anderem vier Buttersäure-Anschläge sowie diverse Sachbeschädigungen. Dass ein vom Substanz ausgehender Linksextremismus dahintersteckt, konnte die Polizei auf Anfrage unserer Redaktion allerdings nicht bestätigen. Das Hausplenum stellt klar: „Wir leugnen nicht, dass es auch rückwärtsgewandte oder autoritäre Gruppen gibt, die sich als links bezeichnen. Diese werden von uns ebenfalls kritisiert.“
Man halte es aber „grundsätzlich für wichtig und legitim, einer faschistischen Partei die Räume zu nehmen“. Die AfD sei eine solche Partei, unter anderem wegen ihrer „engen Verbindungen ins neonazistische Lager“. Deshalb kämen im Substanz auch regelmäßig Teilnehmer der Antifa-Mitmachaktion „Den Rechten die Räume nehmen“ zusammen.
Weiter heißt es, die AfD versuche, die seit 2009 an der Frankenstraße im Stadtteil Fledder ansässige Einrichtung wegen des von ihr ausgehenden „Gegenwinds“ öffentlich in Verruf zu bringen – ja sogar loszuwerden. „Aufklärungs- und Bildungsarbeit soll gezielt verhindert werden, damit rechten Parolen nicht widersprochen wird.“ Für ein „kontinuierliches Engagement“ gegen rechts brauche es aber soziokulturelle „Freiräume“ wie das Substanz.
Verbrieft ist in diesem Zusammenhang die Forderung des AfD-Stadtverbands, das autonome Zentrum gehöre mitsamt seinem Trägerverein „aus dem Bild der Friedensstadt endgültig getilgt“. Auch mit der Bezuschussung des Substanz durch die Stadt Osnabrück hat die Partei nach eigenen Angaben ein Problem. 2023 fließen 12 800 Euro an das Haus, 2024 könnten noch einmal 11 200 Euro dazukommen. Der Mietvertrag für das Zentrum läuft in einem Jahr aus. Eine neue Bleibe scheint nicht in Sicht.


NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG VOM 9.9.2023:

(Markus Pöhlking) Die Stadt Osnabrück bezuschusst nach einem Ratsbeschluss das „Substanz“. Die AfD betrachtet das Kulturzentrum an der Frankenstraße als Keimzelle linksextremer Aktivitäten und als Ausgangsort für politische Straftaten. Sie warnt in dem Zusammenhang vor einer neuen „RAF-Generation“.
So steht es wortwörtlich in einem Schreiben, das der Vorstand des AfD-Verbandes Osnabrück-Stadt in der vergangenen Woche veröffentlichte. Ein zentraler Vorwurf darin: Die Stadt Osnabrück unterstütze den Nährboden eines teilweise „terroristischen linken Netzwerks“ in Osnabrück. Florian Meyer, Vorsitzender des im vergangenen April neu gegründeten AfD-Ortsverbandes Osnabrück, bekräftigt auf Anfrage unserer Redaktion die Vorwürfe.

AfD beklagt Buttersäure-Anschläge

Die nehmen Bezug auf einen Ratsbeschluss vom April. Gegen die Stimmen von CDU und BOB hatte der Rat damals entschieden, das klamme Substanz mit 12 800 Euro zu fördern. Der mittlerweile ausgeschiedene Linken-Ratsherr Chris Determann enthielt sich bei der Abstimmung – wie auch der ebenfalls ausgeschiedene AfD-Mann Viktor Jersch.
Dessen Partei betrachtet das Substanz unterdessen als Ausgangsort von fragwürdigem Protest, von Ordnungswidrigkeiten und von politisch motivierten Straftaten. Sie spricht von „linksextremen Aktionen“, die immer wieder auch die AfD selbst zum Ziel hätten.
Dazu listet sie eine Reihe von Straftaten auf, die sie offenbar in einem Zusammenhang mit Aktivitäten im Substanz sieht: An zwei Kleinwagen mit einer AfD-Folierung seien Ende September 2017 jeweils alle Reifen zerstochen worden. In der Zeit von September 2019 bis Mai 2020 soll es vier Buttersäure-Anschläge im unmittelbaren Umfeld der damaligen stellvertretenden Kreisvorsitzenden gegeben haben. Zudem berichtet die AfD von zwei körperlichen Übergriffen auf Mitglieder.
Die Polizei Osnabrück bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion, im Frühjahr 2020 wegen der Anschläge mit Buttersäure ermittelt zu haben. Sie seien als „politisch motivierte Kriminalität“ eingestuft und vom Staatsschutz bearbeitet worden. Verdächtige habe man dabei nicht ermittelt. Zu etwaigen Ermittlungen hinsichtlich der zerstochenen Reifen seien Aussagen nicht ohne Weiteres möglich, teilt die Polizei mit. Der Grund: Delikte wie Sachbeschädigung unterliegen nach einer Frist von fünf Jahren strengeren Datenschutzrichtlinien.
Zum Substanz erkärt die Polizei, das Kulturzentrum sei ihr „als Anlaufpunkt der örtlichen und teilweise der überörtlichen linken Szene bekannt“. Dass die in der Region auch eine organisierte linksextreme Strömung umfasse, die politisch motivierte Straftaten plane und verübe, bestätigt die Polizei indes nicht. Eine Szene in einem derartigen Kontext sei nicht bekannt, so ein Sprecher der Polizeiinspektion Osnabrück.
Die AfD unterdessen führt als Indiz für die erhobenen Vorwürfe Aktionen ins Feld, die fraglos einen Bezug zum Substanz haben. Da ist etwa der Aufruf zu einer Mitmachkampagne unter der Losung „den Rechten die Räume nehmen“: Im Vorfeld eines geplanten AfD-Infoabends im August in einem Osnabrücker Restaurant hatte unter anderem eine Gruppe libertärer Kommunisten ins Substanz geladen, um dort Protest zu planen, und später, um Transparente zu gestalten.
„Du möchtest dich in Osnabrück antifaschistisch gegen die AfD engagieren? Komm zum Auftakttreffen!“, heißt es in einem Aufruf.
Die AfD sagte ihren Info-Abend letztlich ab – aus „Sicherheitsgründen“, wie sie schreibt. Der Gegenprotest habe sich unter anderem auch in Parolen wie „Ob flauschig oder militant – wichtig ist der Widerstand“ und „Nazis gibt’s in jeder Stadt – bildet Banden, macht sie platt“ geäußert. Es werde „unmissverständlich dazu aufgerufen, die AfD (deren Mitglieder) plattzumachen“, konstatiert die AfD. Militante Mittel würden zumindest gebilligt.

Trägerverein kündigt Stellungnahme an
Aus Sicht der AfD ist daher fragwürdig, dass die Stadt das Substanz – und damit mittelbar auch Aktivitäten und Proteste gegen eine „demokratisch gewählte Partei“ – fördert. Es sei zudem unverständlich, dass der betreibende Verein offenbar Geld für Flugblätter und Plakate habe, zugleich die Stadt aber um Mietzuschüsse bitten müsse.
Dabei ist nicht gesagt, dass der hinter dem Substanz stehende Verein tatsächlich entsprechende Propagandamittel in Auftrag gegeben hat. Der „Freundeskreis für ein selbstverwaltetes Zentrum Bildung und Kultur“ (FrAZ) teilt auf Anfrage unserer Redaktion mit, sich in der kommenden Woche zu den Vorwürfen äußern zu wollen.
Ein Sprecher der Stadt unterdessen erklärt, das Substanz werde von verschiedenen Gruppierungen genutzt. In der Stadt kursierende Plakate oder Flyer mit Bezug zum Substanz seien nicht zwangsläufig mit den Verantwortlichen des Trägervereins in Zusammenhang zu bringen. Der wiederum sei ein anerkannter Träger der Jugendhilfe. Dieser Status erfordert ein unstrittiges Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die Stadt habe das abgeklopft.
„Die Verwaltung hat sich mit dem Thema Förderung des Vereins eingehend befasst, bevor die entsprechende Vorlage den politischen Gremien zur Beratung und Abstimmung vorgelegt wurde“, erklärt der Stadtsprecher. Die votierten bekanntermaßen dann mehrheitlich für die Förderung.
Ein Vorgang, den die AfD als problematisch auch im Hinblick auf das Image der „Friedensstadt“ betrachtet: „Das Substanz inklusive des Trägers gehört aus dem Bild der Friedensstadt endgültig getilgt“, fordert der Osnabrücker Ortsverband.


HASEPOST VOM 8.9.2023:

“Keine Tulpenzüchterpartei”: SubstAnZ wehrt sich gegen AfD-Kritik

Ende August beklagte der AfD Ortsverband Osnabrück-Stadt in Form einer Pressemitteilung (PM), dass die “Gegner aus dem linksextremen Spektrum” von der Stadt Osnabrück gefördert würden (HASEPOST berichtete). Als Dreh- und Angelpunkt machte die Partei dazu das SubstAnZ aus. In einem Statement wehrt sich das sozio-kulturelle Zentrum nun gegen die Vorwürfe.

“Diese PM ist ein – unfreiwilliger – Arbeitsnachweis dafür, dass unser Trägerverein seinen Zwecken gemäß Satzung angemessen nachkommt. Dort heißt es, dass sich u.a. der ‘Förderung der Hilfe für politisch und rassistisch Verfolgte und Geflohenen sowie die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen, Männern und anderen Geschlechtern’ verschrieben wurde. Eine Partei, die nachweislich u.a. rassistische, homophobe, sexistische und faschistische Phantasien und Praktiken hegt, muss mit Widerspruch und Widerstand rechnen”, schreibt das SubstAnZ. Man unterstütze und begrüße es daher, “dass sich Gruppen in unserem Haus treffen, um beides zu organisieren”.
AfD keine “ganz normale Partei”

Darin, dass die AfD im Rahmen der Berichterstattung als “ganz normale Partei” dargestellt werde, sieht das Zentrum eine Gefahr. In besagter PM hatte die Rechtsaußen-Partei unter anderem kritisiert, dass sich im Umfeld des SubstAnZ ein „terroristische[s] linke[s] Netzwerk in der Stadt Osnabrück“ gebildet habe, „[t]eilweise könnte man sagen, eine neue ‚RAF-Generation‘ wächst heran”. Das SubstAnZ wehrt sich: “Hier geht es ganz offensichtlich um eine gezielte Abwertung und Provokation durch die AfD. Selbst die Polizei, deren Struktur und Arbeit wir regelmäßig kritisch kommentieren, bezeichnet diesen Vorwurf […] als haltlos.”

Der Appell an die Medien: “Menschenverachtende und falsche Behauptungen müssen von Medien als solche kenntlich gemacht werden. Nur so kann rechtem Gedankengut medial Einhalt geboten werden.” Die politischen Angriffe der AfD dienten schließlich “nicht der ehrlichen Diskussion, sondern der Verunsicherung sowie Delegitimierung und sollen nachhaltig linke und demokratische Strukturen in der Gesellschaft schwächen.”
“Keine Tulpenzüchterpartei”

Im Folgenden positioniert sich das Zentrum weiter deutlich gegen die AfD: “Die AfD ist keine Tulpenzüchterpartei, sondern eine faschistische Partei. Nachweislich hat der faschistische – offiziell aufgelöste – ‘Flügel’ dort das Sagen. Nachweislich gibt es Überschneidungen und enge Verbindungen ins neonazistische Lager. Nachweislich rufen Mitglieder der AfD zu Gewalt auf.” Dass die Partei dennoch laut aktueller Sonntagsumfrage bundesweit auf 22 Prozent der Stimmen komme, zeige noch einmal deutlich, “dass Widerstand gegen die Rechte keine trendige Freizeitveranstaltung ist, sondern eines kontinuierlichen Engagements bedarf”. Auch deshalb brauche es sozio-kulturelle Freiräume wie das SubstAnZ.

Kritik richtet das SubstAnZ derweil nicht nur an die Partei, sondern auch an “Orte, die der AfD und deren Unterstützerumfeld Räume bieten”. “Ausdrücklich haben wir Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen (Klimakrise, Patriarchat, Kapitalismus, Soziale Ungleichheit, Rassismus etc.) und können nachvollziehen, dass die gegenwärtigen Krisen massiv verunsichern”, so das Zentrum. Es sei “jedoch unerträglich, dass eine faschistische Partei von diesen Sorgen und Ängsten profitiert und sich regelmäßig in der Osnabrücker Innenstadt präsentiert”. “Umso mehr braucht es jetzt Freiräume, in denen Menschen zusammen kommen und gemeinschaftlich eine Vision einer gerechteren Gesellschaft entwickeln, die ohne die oben genannten Zumutungen auskommt und das gute Leben für alle zum Ziel hat”, heißt es vom SubstAnZ abschließend.


HASEPOST VOM 23.8.2023:

Osnabrücker AfD beklagt angebliche Förderung “linksextremer Aktionen” durch Verwaltung und Stadtrat

Für die AfD ist es schwierig Veranstaltungen durchzuführen oder auch nur geeignete Räume zu bekommen – auch in Osnabrück. Der AfD Ortsverband Osnabru¨ck-Stadt beklagt in einer Pressemitteilung, dass die Gegner aus dem linksextremen Spektrum von der Stadt Osnabrück gefördert würden.

“Teilweise ko¨nnte man sagen, eine neue „RAF-Generation“ wa¨chst heran”, heißt es von Seiten des Osnabrücker AfD-Ortsverbandes. Aus Sicht der AfD unterstützt die Stadt Osnabrück “diesen Na¨hrboden des (teilweisen) terroristischen linken Netzwerkes in der Stadt Osnabru¨ck”. Dies sei “zum Schaden der Demokratie”, beklagt die AfD.
AfD beklagt zahlreiche Attacken durch politische Gegner

In der Vergangenheit hat der AfD Kreisverband Osnabru¨ck mehrfach Veranstaltungen durchgefu¨hrt. Dass es ein “demokratisches Recht” der Gegner sei, dagegen zu demonstrieren, wird von der AfD nicht in Abrede gestellt. Allerdings habe es es auch “aktive Zwischenfa¨lle”, wie mehrere Buttersa¨ure-Anschla¨ge gegen ein Vorstandsmitglied gegeben . Insgesamt acht PKW-Reifen wurden zerstochen und in zwei Fa¨llen wurden Mitglieder ko¨rperlich angegangen, so die AfD.
Mehr Attacken auf die AfD nach Neugründung eines Ortsverbands

Da es in den letzten drei Jahren um die AfD im Stadtgebiet ruhig wurde, gab es für einen längeren Zeitraum keine nennenswerten Geschehnisse. Seit der Gru¨ndung des Ortsverbandes Osnabru¨ck-Stadt im April 2023 habe sich die „linke Szene“ allerdings „erneut gesammelt, um ihren Protest neu zu ordnen“.
Nach Einschätzung der Osnabrücker AfD treffen sich die Gegner der Partei, zu denen die Antifa und die Liberta¨re Kommunist_innengezählt werden, im selbstverwalteten Zentrum „SubstAnZ“ in der Frankenstrasse nahe dem Güterbahnhof.

Vom SubstAnZ aus würden auch Aktionen, wie gegen einen Infostand am Haarmansbrunnen Anfang August oder gegen einen Infoabend in einem griechischen Restaurant geplant, so die AfD.
Aus Sicherheitsgru¨nden wurde der Infoabend abgesagt, nachdem bekannt wurde, dass es Proteste geben würde. Da die AfD-Gegner nicht mitbekommen hätten, dass der Infoabend abgesagt wurde, gab es dennoch eine Gegenveranstaltung, bei der Flyer verteilt wurden, in denen als presserechtlich verantwortlich eine Frau mit Anschrift in Berlin genannt wurde.
Geld vom Stadtrat um über das SubstAnZ die AfD zu bekämpfen?

Finanziert, nach Ansicht der Osnabrücker AfD, würden diese “Machenschaften” auch durch den Rat der Stadt Osnabru¨ck. Die Klientel des „SubstAnZ“ würde die sta¨dtische Jugend- und Gemeinschaftszentren deswegen nicht besuchen, so die Mutmaßung der AfD, weil es in o¨ffentlichen Einrichtungen schwieriger sei “kriminelle Aktionen” zu planen.
Die AfD kritisiert namentlich den städtischen Kulturvorstand Wolfgang Beckermann für Aussagen, in denen er dem SubstAnZ attestiert, ein Ort zu sein, an dem eine “Demokratiebildung” stattfindet.
Ferner werden Mitglieder der Grünen und der SPD kritisiert, die sich besonders dafür eingesetzt hätten städtische Gelder zum Erhalt des SubstAnZ zu verwenden.
AfD-Ratsmitglied enthielt sich bei Abstimmung über Fördergeld

Dass der eigene Vertreter der AfD sich bei einer Ratssitzung, bei der es um eine Förderung in Höhe insgesamt 12.800€ ging, tatsächlich enthalten habe (Gegenstimmen gab es von der CDU und BOB) begründet die AfD damit, dass er sich “nicht gegen die Fo¨rderung der Jugendarbeit stellen” wollte.

Zukünftige Förderanträge (fu¨r 2024 möchte „SubstAnZ“ weitere 11.200 Euro von der Stadt), will die AfD mit ihrem einzelnen Vertreter “klar mit NEIN entscheiden”. Darüberhinaus wolle man eine Aufschlu¨sslung verlangen, in der detailliert aufgeza¨hlt wird, wofu¨r das Geld im einzelnen gebraucht wird.


NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG VOM 17.3.2023:

Stadt Osnabrück will das selbstverwaltete Zentrum „SubstAnZ“ finanziell unterstützen

Das soziokulturelle Zentrum „SubstAnZ“ hat die Stadt erstmals um finanzielle Hilfe gebeten. September 2024 läuft der Mietvertrag in der Osnabrücker Frankenstraße aus. Noch ist kein alternativer Standort gefunden – und der Trägerverein kämpft immer noch mit den Corona-Folgen.

Als Rückzugsort für alternative Konzerte, Osnabrücker Jugendkultur und linke politische Organisationen kämpft das „SubstAnZ“ ums Überleben.

Wie der Trägerverein in seinem Antrag an die Stadt schildert, hat die Coronazeit mit nur sehr wenigen Veranstaltungen dazu geführt, dass die finanziellen Rücklagen aufgebraucht seien. „Zudem wurden wir bei vielen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen nicht berücksichtigt, weil gemeinnützige Vereine ohne feste Mitarbeiter*innen häufig durchs Raster fielen“, schreibt der „Freundeskreis für ein selbstverwaltetes Zentrum für Bildung und Kultur e.V.“ (FrAZ).

„Sie können sich sicher sein, dass es uns nicht leicht fällt, um Unterstützung zu bitten“, schreibt der Verein.

Erst Corona, dann Inflation und Kündigung des Mietverhältnisses

Inflation und gestiegene Energiekosten machen dem Verein zu schaffen. Zudem ist wegen des auslaufenden Mietverhältnisses ein Start-up als Untermieter weggezogen, das nach Auskunft des städtischen Fachdienstleiters Jugend, Nils Bollhorn, einen Großteil der Mietkosten getragen hatte.

Aktuell beläuft sich das Defizit laut Trägerverein auf monatlich rund 2000 Euro. Und dann ist ja auch noch offen, wo das „SubstAnZ“ ab September 2024 überhaupt unterkommen soll. Die Eigentümer planen, aus dem Areal an der Dammstraße einen „Kulturhof“ zu formen – mit mehr Gastronomie, Konzerten und Events, aber ohne das „SubstAnZ“.
Lieber im „SubstAnZ“ als in den Osnabrücker Jugendzentren

2007 hatte sich der Trägerverein gegründet, 2009 zog er in die Frankenstraße 25a. Im „SubstAnZ“ veranstalten junge Leute Konzerte, Kunstausstellungen, Tanzevents, Workshops, Gruppentreffen und Vorträge, zählt der Trägerverein auf.

Seine Ursprünge hat das selbstverwaltete Zentrum in der Osnabrücker Hausbesetzerszene. Heute nutzen unter anderem Initiativen wie Fridays for Future, No Lager oder der Verein Exil das „SubstAnZ“ – und zwar lieber das als etwa die städtischen Jugend- und Gemeinschaftszentren, schreibt die Stadtverwaltung in einer Beschlussvorlage für den Rat.
Osnabrücker Stadtverwaltung will das „SubstAnZ“ nicht verlieren

„Sollte das SubstAnZ am bisherigen Standort vorzeitig den Betrieb einstellen müssen, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Stadt Osnabrück dauerhaft ein autonomes Zentrum verliert“, plädiert der Osnabrücker Fachbereich für Kinder und Jugendliche für eine finanzielle Unterstützung. „Insbesondere im Kontext der Partizipation hat das ‚SubstAnZ‘ als selbstverwaltetes Zentrum ein Alleinstellungsmerkmal in der Angebotsvielfalt.“

Konkret geht es zunächst um 12.800 Euro für 2023. Das Geld ist da, da die Stadt überraschend noch Restmittel von der EU für ihre Jugendwerkstatt bekommen hat. 2024 sollen nochmal 11.200 Euro fließen. Darüber hat der Rat dann im Zuge der Haushaltsberatungen für 2024 zu entscheiden.

Osnabrücker CDU-Fraktion gegen Unterstützung der „SubstAnz“

Die CDU-Fraktion im Osnabrücker Rat ist gegen eine solche Finanzhilfe. „Politische Bildung und Partizipation sind eindeutig linksgerichtet“, sagte CDU-Ratsfrau Eva-Maria Westermann jetzt im Jugendhilfeausschuss. „Wir sind nicht dafür, dass das städtisch gefördert werden sollte.“ Und sie sehe es „sehr, sehr kritisch, dass man jetzt die Hand aufhält“.

Wolfgang Beckermann, Osnabrücks Vorstand für Bildung, Kultur und Familie, hielt dagegen. „Die jungen Leute haben immer versucht, das ohne Hilfe von außen zu gestalten“, sagte er. „Dort sind viele unterschiedliche Gruppierungen tätig, die dazu beitragen, dass eine Demokratiebildung stattfindet, die ich vom Grundsatz her als unterstützenswert ansehe im Sinne eine Vielfalt der Stadt – ob man nun mit der politischen Ausrichtung einverstanden ist oder nicht.“

Eine vorübergehende Unterstützung gebe dem Trägerverein zudem den Freiraum, nach alternativen Räumlichkeiten zu suchen.
SPD und Grüne wollen „SubstAnZ“ unterstützen

Vertreter von SPD und Grünen sicherten im Jugendhilfeausschuss bereits ihre Unterstützung zu. „Für die Vielfalt Osnabrücks ist es wirklich sehr sehr wichtig“, betonte Elena Moormann (SPD).

„Mir gefällt auch nicht immer alles“, sagte Martin Büker (Grüne). Er habe sich etwa geärgert über die Rassismusvorwürfe der Flüchtlingsinitiative No Lager gegen die Osnabrücker Ausländerbehörde. „Das ist manchmal drüber, aber eine Form von politischem Engagement, das in den gängigen politischen Strukturen keinen Platz hat“, so Büker. „Osnabrück als Großstadt sollte auch diesen jungen Menschen einen Platz in der Gesellschaft geben.“

Da Grüne und SPD zusammen mit dem Vertreter von Volt die Mehrheit im Rat stellen, dürfte auch die Ratsentscheidung Ende April zugunsten des „SubstAnZ“ ausfallen.



Neue Osnabrücker Zeitung vom 10.8.2022
https://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/streit-um-miete-steht-osnabruecker-substanz-bald-heimatlos-da-42695387

Streit um Mietverlängerung: Steht Osnabrücker „SubstAnZ“ bald heimatlos da?

Im Osnabrücker Szene-Areal zwischen Franken- und Dammstraße soll Neues entstehen. Deshalb muss das selbstverwaltete Zentrum „SubstAnZ“ im Jahr 2024 weichen. Die Ankündigung droht das Verhältnis zwischen Verein und Vermietern zu zerrütten.

„Für uns war das ein Schlag ins Gesicht“, sagt Daniel Katz, Mitglied des Vereins, der hinter dem „SubstAnZ“ steht. Vor rund einem halben Jahr habe der Verein von seinen Vermietern erfahren, dass sie als Eigentümer des Geländes den im September 2024 auslaufenden Mietvertrag nicht verlängern wollen.

Mitte Juli habe man dann in einem Bericht unserer Redaktion von den neuen Plänen des Vermieter-Trios gelesen und sich gewundert, schildert Katz. Die Sichtweise des Vereins: Von den Eigentümern werde vom Revival eines Kulturhof-Konzepts geträumt. Nicht kommerzielle Kultur wie das „SubstAnZ“ passe aber offenbar nicht ins Bild und solle weichen. „Dieser Traum (kann) nur in Erfüllung gehen, wenn bestehende Kultur verdrängt wird“, heißt es in einer Stellungnahme des Vereins auf der Homepage des „SubstAnZ“. Der Text wurde auch auf Facebook veröffentlicht.

Ist der Rückzugsort für alternative Kultur gefährdet?

Der Verein befürchtet, als Rückzugsort für alternative Konzerte, Osnabrücker Jugendkultur und linke politische Organisationen gefährdet zu sein, wenn er den zugleich innenstadtnahen und dennoch geschützten Standort an der Frankenstraße aufgeben müsse. Anderswo gebe es kaum vergleichbare Immobilien zur Miete. Das „SubstAnZ“ ging in Osnabrück aus der Hausbesetzerszene hervor und gilt heute als wichtiger Bestandteil der alternativen Kulturlandschaft in der Stadt.

Sollte es an der Frankenstraße unumstößlich nicht weitergehen, sieht die Idealvorstellung des Vereins kein Mietverhältnis mehr vor. Stattdessen würde man für das „SubstAnZ“ ein Gebäude erwerben, um es „dauerhaft der privaten Spekulation und somit der kapitalistischen Verwertungslogik zu entziehen und als selbstverwalteten Freiraum ohne finanzielle Gewinnabsichten für politisch und kulturell aktive Menschen erreichbar zu machen“. So heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins.

Kulturhof statt lose Hofnachbarschaft

Die Zeichen unweit des Güterbahnhofs stehen derweil auf Wandel. Das Gelände zwischen Franken- und Dammstraße gehört seit 2015 der Eigentümergemeinschaft Martin Wüst, Michael Hefti und André Löhr. Seit Zuzug der Kleinen Freiheit beherbergt das Areal unter anderem drei Clubs, die Boulderhalle Zenit, das Burger-Restaurant „Zauber von OS“, das mehrstöckige Gebäude des „SubstAnZ“ und ein Briefverteilungszentrum der Post.

Weil die Post aber in den Hasepark umzieht, steht deren zweistöckiges Gebäude mit mehr als 1000 Quadratmetern Nutzfläche demnächst leer. Den Eigentümern bietet sich die Chance, eine Idee aus der Schublade zu holen, die es vor zehn Jahren für das Gelände schon einmal gab, nämlich aus der losen Hofnachbarschaft besagten gemeinschaftlichen „Kulturhof“ zu formen. Mit mehr Gastronomie, Konzerten und Events, die Gäste an den südlichen Innenstadtrand locken. Das bisherige Briefverteilzentrum könnte zu einer Multifunktionshalle für Konzerte, Hochzeiten, Kabarettaufführungen und andere Veranstaltungen werden, so stellte Miteigentümer Martin Wüst die Idee im Juli vor.

Persönlicher Angriff auf Vermieter

Es gebe noch viele Fragezeichen, sagt Wüst nun im August. Für das Gebäude des „SubstAnZ“ bestehe noch überhaupt kein konkreter Plan. Nicht auszuschließen sei aber, dass es abgerissen werden muss, um Raum für Stellplätze zu schaffen. Gerade deshalb habe er es mit seinen Mitstreitern zusammen fair gefunden, Mitgliedern des „SubstAnz“ frühzeitig zu signalisieren, dass sie sich nach Alternativen umschauen sollten.  
An seiner Person entzündet sich besonders massive Kritik des „SubstAnZ“. In der auf Webseite und Facebook veröffentlichten Stellungnahme wird Wüst, der schon viele Läden im Raum Osnabrück aus der Taufe gehoben hat, auch persönlich angegangen. „Das hat mich enttäuscht und verletzt“, sagt Wüst.

Zudem stimmten Vorwürfe des „SubstAnZ“ auch in der Sache nicht, betont André Löhr als Miteigentümer der Fläche. Der Verein spricht von fast 4000 Euro Miete, die er für die rund 700 Quadratmeter im dem Gebäude an der Frankenstraße zahle. Mit Verweis auf Datenschutz will Löhr zwar keine konkrete Summe nennen, stellt aber klar, dass der tatsächliche Mietpreis deutlich unter dem genannten liege. Als Eigentümer hätten sie zudem mehrfach hohe Summen in das „SubstAnZ“-Gebäude gesteckt: etwa für eine neue Heizung, neue Fenster und die Neugestaltung der Fassade. Der Vorwurf, dass sie ein „heruntergekommenes Gebäude mit oft Wasser im Keller und maroder Bausubstanz“ vermieten würden, wie es das „StubstAnZ“ behauptet, entspreche nicht der Wahrheit.

Von dem scharfen Tonfall des Vereins sei man überrascht gewesen, sagen Wüst und Löhr. Es sei nicht auszuschließen, dass das Verhältnis zu dessen Vorstand darunter leiden werde. In ihrem Sinne sei das nicht. Lieber würden sie wieder Gespräche führen – miteinander statt übereinander.



Osnabrücker Rundschau vom 16.8.2022
https://os-rundschau.de/os-umzu/13-jahre-selbstverwaltung-substanz-in-der-frankenstrasse-bald-geschichte/

Seit 2009 mietet der FrAZ e.V. (Freundeskreis für ein selbstverwaltetes Zentrum, Bildung und Kultur) das Haus in der Frankenstraße 25a in Osnabrück – das SubstAnZ.

Das SubstAnZ steht als unkommerzielles, selbstverwaltetes Zentrum für gute Musik,
emanzipatorische Politik und bietet Freiraum für Bildung und kulturelle Aktivitäten. Jetzt steht die endgültige Beendigung des Mietverhältnises an und das SubstAnz sucht dringend ein neues Gebäude.

Mietenwahnsinn und Pandemie – wo bleibt die Perspektive?

Der bestehende Mietvertrag des Hauses läuft im Jahr 2024 aus. „Die Vermieter haben uns
signalisiert, dass sie den Mietvertrag nicht verlängern werden“, sagt Henrik Breuer (Sprecher des Vorstandes). Bereits zum 31.5.2015 nutzten die damals neuen Eigentümer (WLH GmbH) eine Sonderkündigungsklausel und kündigten den bestehenden Vertrag. Zähneknirschend wurde einem neuen und deutlich teureren Mietvertrag zugestimmt.
Selbst bei einer jetzigen Neuauflage des Mietvertrages wäre eine Mieterhöhung nicht verkraftbar.

Zwar wurde vor der Pandemie immer zuverlässig die Miete gezahlt, aber schon ohne „Corona“ war es zunehmend schwierig, die viel zu hohen Kosten für Miete und Nebenkosten zu decken und die Willkür der Mieterhöhungen hinzunehmen.

Ein neues Haus – Nie wieder Miete!

Seit Jahren schon spielt das SubstAnZ mit der Idee, zukünftig nicht mehr Mieter zu sein. „Wir haben keine Lust mehr auf Mieterhöhungen und die Abhängigkeit von Vermieter:innen.“ stellt Jessica Kellner (ebenfalls Sprecherin des Vorstandes) klar.
Daher besteht die Absicht, ein eigenes Gebäude in Osnabrück zu erwerben, dieses dauerhaft der privaten Spekulation und somit der kapitalistischen Verwertungslogik zu entziehen und als selbstverwalteten Freiraum ohne finanzielle Gewinnabsichten für politisch und kulturell aktive Menschen erreichbar zu machen.

Osnabrück braucht Substanz

Das SubstAnZ ist ein mehrfach preisgekröntes Kulturprojekt. Mit vielfältigen kulturellen Events bietet das Kulturzentrum stets auch unbekannteren und unkommerziellen Künstler:innen und Bands eine Bühne. „Für kleines Geld gibt’s hier viel.“ sagt Emmi, die regelmäßig Vereinsveranstaltungen organisert. So ist das SubstAnZ auch seit einigen Jahren Kukuk-Partner:in, weil es ein Anliegen ist, dass Kultur und Bildung nicht abhängig vom Portemonnaie sein darf.

Im Juli 2022 kündigte Martin Wüst (WLH GmbH) seine Pläne für das Areal, auf dem derzeit das SubstAnZ angesiedelt ist, in einem NOZ-Artikel an. Dabei verkündete Wüst, dass er ein
ausgiebiges Kulturhofkonzept auf dem Gelände verwirklichen wolle; der „auslaufende
Mietvertrag“ mit dem SubstAnZ ermöglicht offenbar, diese Ideen noch besser umzusetzen.
Wieso das SubstAnZ ausziehen muss, um diese Art „Kultur“ zu ermöglichen, darüber kann nur spekuliert werden; naheliegend, dass Kultur oft nur unter kommerziellen Gesichtspunkten einen Raum finden darf.

Viele Akteuer*innen, die sonst keinen „Platz“ in der Stadt haben, konnten und können im
SubstAnZ ihren Raum finden, wie z.B. FridaysForFuture, das Bündnis für bezahlbaren
Wohnraum, das Frauenstreik-Bündnis oder auch SCHLAU Osnabrück(ehrenamtliche
Aufklärungsarbeit über Vielfalt von Lebensweisen, insbesondere von Lesben, Schwulen,
Bisexuellen und Trans*personen). Als freier Träger der Jugendhilfe bietet das SubstAnZ Raum zur Entfaltung und Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen. Seit einigen Jahren können sich daher unter anderem Jugendliche an der hauseigenen Open-Wall im Graffiti ausprobieren, ohne straffällig werden zu müssen.

Daneben fanden und finden im SubstAnZ Vorträge und Lesungen zum Zweck der politischen Bildung statt. Der Verein beteiligt sich aktiv an der Erinnerungskultur und daran, die blinden Flecken gesellschaftlicher Perspektiven aufzudecken.

„Den sich zuspitzenden gesellschaftlichen Krisenentwicklungen stehen wir kritisch gegenüber.“ sagt Sönke Albers, der sich politisch im Substanz engagiert. Das SubstAnZ versucht auch hier einen anderen Blickwinkel einzunehmen und Geflüchtete solidarisch zu unterstützen oder wohnungslosen Menschen, in Kooperation mit dem Solidarischen Aufbau, zumindest zeitweilig ein Dach über dem Kopf zu bieten. Innerhalb der Initiative für bezahlbaren Wohnraum war das SubstAnZ Treffpunkt und Ort der Vernetzung einzelner Akteur:innen.

Kultur braucht Raum

Seit Jahren steht das SubstAnZ für unabhängige unkommerzielle Bildung und Kultur in
Osnabrück. Das soll auch so bleiben! Alternative Zentren und alternative Jugendhilfe brauchen unabhängige Räume, in denen Menschen sich entfalten können. Um dies auch in Zukunft zu gewährleisten, stellt der Verein vier Forderungen an die Gesellschaft:

• Mehr Aufmerksamkeit und Möglichkeiten für nicht-kommerzielle und soziale
Einrichtungen
• Aufforderung an alle Osnabrücker:innen sich mit dem SubstAnZ und ähnlichen Projekten
zu solidarisieren und diese zu unterstützen
• Umdenken bei der Stadt Osnabrück, die sich nach Corona und vor Inflation überlegen
sollte, ob sie sich eine zweite Wüste, nämlich eine kulturelle, leisten möchte
• Ein Ende der Spekulationen! Die Stadt muss in Zukunft von ihrem Vorkaufsrecht
gebrauch machen um Gebäude interessierten Institutionen zur Verfügung zu stellen

Nur eine vielfältig aufgestellte Gemeinschaft kann sich sicher sein, dass sie Lösungen für aktuelle und zukünftiger Probleme entwicklen wird und eine aktive, lebendige Kultur für alle Menschen bereitstellt!



Hasepost vom 10.8.2022
https://www.hasepost.de/nach-13-jahren-bald-kein-substanz-mehr-in-der-frankenstrasse-322065/

Seit 2009 ist das selbstverwaltete Zentrum „SubstAnZ“ an der Frankenstraße 25a in Osnabrück zu finden – unweit des Partyviertels rund um die Dammstraße. Doch jetzt soll der Mietvertrag auslaufen, die neue Miete nicht mehr zahlbar sein. Was passiert dann mit dem Kulturzentrum?

Der bestehende Mietvertrag läuft 2024 aus. „Die Vermieter haben uns signalisiert, dass sie den Mietvertrag nicht verlängern werden“, sagt Henrik Breuer vom „SubstAnZ“. Bereits zum 31. Mai 2015 hätten die damals neuen Eigentümer, die WLH GmbH, eine Sonderkündigungsklausel genutzt, um den bestehenden Vertrag aufzukündigen. Zähneknirschend habe man einem neuen und deutlich teureren Mietvertrag zugestimmt. „Selbst bei einer jetzigen Neuauflage des Mietvertrages wäre eine Mieterhöhung nicht verkraftbar“, heißt es in der Mitteilung. Zwar habe man vor der Pandemie immer zuverlässig die Miete gezahlt, aber schon das sei zunehmend schwieriger geworden.

Seit Jahren schon spiele das selbstverwaltete Zentrum mit der Idee, eigene Räume zu beziehen. „Wir haben keine Lust mehr auf Mieterhöhungen und die Abhängigkeit von Vermieter:innen“, stellt Jessica Kellner vom „SubstAnZ“ klar. Daher bestehe die Absicht, ein eigenes Gebäude in Osnabrück zu erwerben. Damit wolle man „dieses dauerhaft der privaten Spekulation und somit der kapitalistischen Verwertungslogik entziehen und als selbstverwalteten Freiraum ohne finanzielle Gewinnabsichten für politisch und kulturell aktive Menschen erreichbar machen“, so der Wortlaut in der Mitteilung.

Stadt soll von Vorverkaufsrecht Gebrauch machen

Mit kulturellen Events bietet das Kulturzentrum auch unbekannten Künstlerinnen und Künstlern sowie Bands eine Bühne. Seit einigen Jahren ist es zudem Kukuk-Partner, da Kultur und Bildung nicht abhängig vom Portemonnaie sein dürfe. Viele Akteuere, die sonst keinen Platz in der Stadt haben, konnten und können im SubstAnZ ihren Raum finden wie FridaysForFuture, das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, das Frauenstreik-Bündnis oder auch SCHLAU Osnabrück, die ehrenamtliche Aufklärungsarbeit über Vielfalt von Lebensweisen, insbesondere von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transpersonen leistet. Zudem gibt es eine Open-Wall für Jugendliche, um Graffiti zu sprühen oder regelmäßig Vorträge und Lesungen.

„Seit Jahren steht das SubstAnZ für unabhängige unkommerzielle Bildung und Kultur in Osnabrück. Das soll auch so bleiben!“, lautet die Forderung. Alternative Zentren und alternative Jugendhilfe bräuchten unabhängige Räume – deshalb stelle der Verein vier Forderungen an die Gesellschaft: Man wolle mehr Aufmerksamkeit und Möglichkeiten für nicht-kommerzielle und soziale Einrichtungen. Zudem sollten Osnabrückerinnen und Osnabrücker sich mit dem „SubstAnZ“ und ähnlichen Projekten solidarisieren und diese unterstützen. Außerdem fordere man ein Umdenken bei der Stadt und dass sie künftig von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch mache, um Gebäude Institutionen zur Verfügung zu stellen.

Martin Wüst, der derzeitige Vermieter, möchte ein ausgiebiges Kulturhofkonzept auf dem Gelände verwirklichen.