Statement zum Versuch der AfD unser Projekt zu diskreditieren und zu delegitimieren

In einer Pressemitteilung (PM) vom 23. August 2023 beschwert sich der AfD Ortsverband Osnabrück – Stadt darüber, dass er sein menschenverachtendes Gedankengut nicht ungestört unter Leute bringen darf. Als Dreh- und Angelpunkt des organisierten Gegenprotestes haben sie das sozio-kulturelle Zentrum SubstAnZ ausgemacht.

Diese PM ist ein – unfreiwilliger – Arbeitsnachweis dafür, dass unser Trägerverein seinen Zwecken gemäß Satzung angemessen nachkommt. Dort heißt es, dass sich u.a. der „Förderung der Hilfe für politisch und rassistisch Verfolgte und Geflohenen sowie die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen, Männern und anderen Geschlechtern“ verschrieben wurde. Eine Partei, die nachweislich u.a. rassistische, homophobe, sexistische und faschistische Phantasien und Praktiken hegt, muss mit Widerspruch und Widerstand rechnen. Wir unterstützen und begrüßen es daher, dass sich Gruppen in unserem Haus treffen, um beides zu organisieren. Das nächste öffentliche Treffen der „Mitmach-Aktionen“ unter dem Motto „DEN RECHTEN DIE RÄUME NEHMEN“ findet übrigens am 02. Oktober statt.

Die besagte PM wurde in Teilen am 24. August 2023 völlig unkritisch und unkommentiert von der Hasepost veröffentlicht. Die AfD wird hier als ganz normale Partei – als eine unter vielen – dargestellt. Hierin sehen wir eine Gefahr, auf die wir im Folgenden gerne aufmerksam machen möchten:

So heißt es in der PM, dass sich im Umfeld des SubstAnZ ein „terroristische[s] linke[s] Netzwerk in der Stadt Osnabrück“ gebildet habe, „[t]eilweise könnte man sagen, eine neue ‚RAF-Generation‘ wächst heran”. Hier geht es ganz offensichtlich um eine gezielte Abwertung und Provokation durch die AfD. Selbst die Polizei, deren Struktur und Arbeit wir regelmäßig kritisch kommentieren, bezeichnet diesen Vorwurf in einem am 03.09.2023 veröffentlichten NOZ-Artikel als haltlos.

Menschenverachtende und falsche Behauptungen müssen von Medien als solche kenntlich gemacht werden. Nur so kann rechtem Gedankengut medial Einhalt geboten werden. Die Verbreitung und Wiederholung von Fake News sorgen wissenschaftlich nachweisbar dafür, dass diese bei einigen Menschen verfangen. Dies ist auch die Methode der AfD.

Tatsächlich dienen die politischen Angriffe der Rechten nicht der ehrlichen Diskussion, sondern der Verunsicherung sowie Delegitimierung und sollen nachhaltig linke und demokratische Strukturen in der Gesellschaft schwächen. Damit möchten sie bewusst davon ablenken, dass in ihrer Gesellschaftsvision „wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind“ mitzumachen und die AfD daher „nicht um eine Politik der ‚wohltemperierten Grausamkeit‘ herumkommen“ würde, so Björn Höcke in seinem Buch Nie zweimal in denselben Fluß.

Dort wo die AfD Gegenwind wittert, versucht sie Akteur*innen zu diskreditieren. So forderte sie bereits in mehreren Landtagen das Label „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ nicht weiter staatlich zu fördern. Aufklärungs- und Bildungsarbeit soll gezielt verhindert werden, damit rechten Parolen nicht widersprochen wird. Bei der AfD-Osnabrück-Stadt klingt das so: „Das „SubstAnZ“ inklusive des Trägers „Freundeskreis für ein selbstverwaltetes Zentrum, Bildung und Kultur (FrAZ) e.V.“ gehört aus dem Bild der Friedensstadt endgültig getilgt.“

Dabei ist die AfD keine Partei, wie jede andere. Gegenwärtig tritt die Menschenfeindlichkeit der radikalen Rechten immer ungenierter zu Tage. Die AfD ist der parlamentarische Arm der so genannten Neuen Rechten. Diese gefährliche Entwicklung ist das Ergebnis der erfolgreichen Diskursverschiebung nach rechts sowie der ungebrochenen, tödlichen Kontinuität des Rechtsterrorismus seit 1945. Die AfD ist keine Tulpenzüchterpartei, sondern eine faschistische Partei. Nachweislich hat der faschistische – offiziell aufgelöste – „Flügel“ dort das Sagen. Nachweislich gibt es Überschneidungen und enge Verbindungen ins neonazistische Lager. Nachweislich rufen Mitglieder der AfD zu Gewalt auf. Daher kann mit ihr auch nicht umgegangen werden, wie mit jeder anderen Partei. Deswegen können wir es auch nicht gutheißen, dass die NOZ den aktuellen AfD Stadtrat Alexander Garder als netten Familienvater von nebenan porträtiert und die fundamentalistische Lebensquelle als harmlose Kirchengemeinde darstellt.

Laut aktueller Sonntagsumfrage würden bundesweit 22% der Wähler*innen für die AfD stimmen. Zudem haben einige Parteien die rechte Rhetorik und Forderungen der AfD übernommen und damit begonnen, auf kommunaler Ebene mit ihnen zusammenzuarbeiten. Dies zeigt noch einmal deutlich, dass Widerstand gegen die Rechte keine trendige Freizeitveranstaltung ist, sondern eines kontinuierlichen Engagements bedarf. Auch dafür braucht es sozio-kulturelle Freiräume wie das SubstAnZ.

Wie so häufig stellt sich die AfD auch in ihrer PM als Opfer dar. Das Heraufbeschwören einer angeblichen Gefahr von linker Gewalt verschleiert die wirklichen Gewaltverhältnisse gegenüber migrantischen Personen, Frauen, queeren Menschen usw., die nicht nur befürwortet, sondern von der AfD gefordert werden. 2022 gab es weit über 100 Überfälle, Anschläge, Sachbeschädigungen und tätliche Angriffe auf Geflohenenunterkünfte. Wir zählen mindestens 219 Todesopfer durch rechte Gewalt seit 1990.

Leider gibt es die weit verbreitete problematische Vorstellung in unserer Gesellschaft, dass Linke und Rechte gleichgesetzt werden. Schaut man jedoch auf die Inhalte, wird man feststellen, dass linke Bewegungen gegen Macht- und Ausbeutungsverhältnisse, wie beispielsweise das kapitalistische System, das Patriarchat, Rassismus und Rechte kämpfen, während sich letztere gegen „die Schwachen der Gesellschaft“ wenden. Also gegen Minderheiten, Migrant*innen, Schutzsuchende, Obdachlose, Menschen mit Behinderung etc. Wo linke Bewegungen eine freiheitliche, teilhabende und solidarische Vision von Gesellschaft haben, basieren rechte Vorstellungen auf den Prinzipien des Ausschlusses, der Ungleichwertigkeit, der Abwertung und sind dezidiert antidemokratisch. Wir leugnen nicht, dass es auch rückwärtsgewandte oder autoritäre Gruppen gibt, die sich als links bezeichnen. Diese werden von uns ebenfalls kritisiert. Damit wird offensichtlich, dass Links und Rechts unterschiedliche politische Ansätze verfolgen und eine Gleichsetzung nicht zulässig ist.

Aus den genannten Gründen halten wir es grundsätzlich für wichtig und legitim, einer faschistischen Partei die Räume zu nehmen. Zudem kritisieren wir Orte, die der AfD und deren Unterstützerumfeld Räume bieten. Ausdrücklich haben wir Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen (Klimakrise, Patriarchat, Kapitalismus, Soziale Ungleichheit, Rassismus etc.) und können nachvollziehen, dass die gegenwärtigen Krisen massiv verunsichern. Wir finden es jedoch unerträglich, dass eine faschistische Partei von diesen Sorgen und Ängsten profitiert und sich regelmäßig in der Osnabrücker Innenstadt präsentiert. Umso mehr braucht es jetzt Freiräume, in denen Menschen zusammen kommen und gemeinschaftlich eine Vision einer gerechteren Gesellschaft entwickeln, die ohne die oben genannten Zumutungen auskommt und das gute Leben für alle zum Ziel hat.

Das SubstAnZ ist einer dieser Räume in Osnabrück. Corona, steigende Mieten und Preise haben uns leider hart getroffen. Unser langjähriger Mietvertrag wird nicht verlängert. Unsere Zukunft ist bedroht. Daher besuche und unterstütze gerne das SubstAnZ oder werde Mitglied in unserem Trägerverein.

Das Hausplenum des SubstAnZ

Eine Antwort auf „Statement zum Versuch der AfD unser Projekt zu diskreditieren und zu delegitimieren“

  1. Wir haben unseren Pressespiegel mit den Reaktionen auf die Vorwürfe der AfD Osnabrück-Stadt und unser Statement aktualisiert.

    Zu finden unter: Das Substanz / Pressespiegel

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